Wirtschaft

Zweifel an Milliardenreserve Tether könnte Bitcoin zum Einsturz bringen

Dass Bitfinex auf seiner Online-Plattform weder einen Unternehmenssitz noch Verantwortliche benennt, schreckt viele Anleger offenbar nicht ab.

Dass Bitfinex auf seiner Online-Plattform weder einen Unternehmenssitz noch Verantwortliche benennt, schreckt viele Anleger offenbar nicht ab.

(Foto: REUTERS)

Die Macher von Tether haben angeblich mehr als zwei Milliarden Dollar auf dem Konto - als Sicherheit für ihre Digitalwährung. Diese Reserve hält indirekt auch den Wert des Bitcoin stabil. Doch es gibt erhebliche Zweifel, dass das Geld wirklich existiert.

Im von extremen Schwankungen geprägten Universum der Kryptowährungen soll Tether ein Stabilitätsanker sein. Denn Tether ist eine digitale Währung, die nach Angaben ihrer Herausgeber eins zu eins durch Reserven in Dollar und Euro gedeckt ist. Die virtuellen Münzen sind also weltweit handelbar und digital speicherbar wie Bitcoin, Etherium & Co. Der Wert eines Tether beträgt aber immer einen Dollar. Schließlich kann er beim gleichnamigen Unternehmen - angeblich - gegen einen Dollar eingelöst werden.

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Doch Gerüchte um Tether lösen gerade eine Panik unter Bitcoin-Investoren aus, die den Kurs der mit Abstand größten und wichtigsten Kryptowährung bereits einbrechen lässt. Unter anderem der US-Star Ökonom Nouriel Roubini geht davon aus, dass der Bitcoin-Kurs um 80 Prozent sinken könnte. Roubinis Verdacht: Tether ist nichts anderes als ein Milliardenbetrug, der vor allem dazu dient, den Bitcoin-Kurs zu manipulieren.

Roubini stützt sich auf mehrere Berichte von Analysten, die bezweifeln, dass tatsächlich harte Devisen als Pfand hinter derzeit mehr als zwei Milliarden Tether existieren. Transaktionen auf der Kryptobörse Bitfinex, einer der weltweit führenden Handelsplattformen, legen demzufolge nahe, dass neugeschaffene Tether in großen Mengen direkt in Bitcoin getauscht wurden und erheblichen Einfluss auf dessen Preis haben. Die Spekulationen wurden weiter angeheizt, als am Dienstag bekannt wurde, dass die US-Aufsichtsbehörde CFTC gegen Bifinex ermittelt. Allerdings ist das auch für Akteure in der herkömmlichen Finanzwelt nicht ungewöhnlich und es ist bislang nicht bekannt, welchen Vorwürfen die Aufseher genau nachgehen.

Durch ihr undurchsichtiges Gebaren bestätigen die Tether-Macher den Verdacht allerdings eher, als ihn zu entkräften. Lange hielten sie geheim, dass hinter der Digitalwährung dieselben Personen stecken wie hinter Bitfinex. Auf den offiziellen Websites von Tether und der Handelsplattform gibt es kein Impressum, weder Geschäftsadressen noch Namen von Verantwortlichen sind zu finden. Unter anderem durch die Enthüllung der sogenannten Panama Papers kam heraus, dass das Führungspersonal von Bitfinex und Tether weitgehend identisch ist. Überprüfbare Informationen etwa zum CEO beider Firmen, Jan Ludovicus van der Felde, gibt es kaum.

Bankverbindungen gekappt

Zudem haben die Macher von Tether trotz mehrfacher Ankündigungen bislang keinen Beweis geliefert, dass sie tatsächlich auf milliardenschweren Dollarreserven entsprechend der ausgegebenen Tether-Münzen sitzen. Kritiker verlangen, dass die mysteriöse Firma das Ergebnis aktueller, unabhängiger Rechnungsprüfungen veröffentlichen soll. Doch zuletzt gab Tether stattdessen bekannt, sich von seinem bisherigen Prüfer getrennt habe.

Hinzu kommen - unabhängig kaum nachprüfbare - Berichte, dass Tether-Besitzer erfolglos versucht haben sollen, ihre Münzen in US-Dollar zu tauschen und auszuzahlen lassen. Im Kleingedruckten der Tether-Geschäftsbedingungen hieß es zunächst auch, dass Kunden "kein Recht" hätten, "Tether gegen Geld einzulösen oder umzutauschen". Diese Formulierung wurde nach heftiger Kritik inzwischen geändert. Doch auch den neuen Bedingungen zufolge gelten viele Einschränkungen für den möglichen Umtausch. So können nur verifizierte Tether-Kunden Dollar für ihre Coins verlangen. Diesen Status haben die meisten Besitzer, die ihre Tether im Tausch für andere Digitalwährungen auf diversen Kryptobörsen erworben haben, nicht.

Zudem haben US-Banken alle Verbindungen zu Bitfinex und Tether gekappt. Dasselbe gilt für Institute in Taiwan. Kunden in diesen Ländern können von den Unternehmen zumindest auf direktem Weg gar kein Geld mehr erhalten.

Derzeit finden Tether-Besitzer auf vielen Kryptobörsen offenbar noch genügend Käufer, die bereit sind, Tether gegen Bitcoin und Währungen zum Kurs von umgerechnet einem Dollar zu kaufen. Das System beruht allein auf dem Glauben, dass die riesigen Dollar-Reserven tatsächlich existieren. Sollte dieses Vertrauen erschüttert werden, dürfte nicht nur Tether als Währung vollständig zusammenbrechen, sondern auch Bitcoin erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden. Den Preissturz der Leit-Kryptowährung um weitere zehn Prozent seit Anfang dieser Woche führen viele Beobachter vor allem auf die Verunsicherung durch die Vorwürfe gegen Tether zurück.

Quelle: ntv.de

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